Kein Verbot von sicheren und sozial betreuten Angeboten für Prostituierte
Seit Jahren wird in Deutschland erhitzt über Prostitution diskutiert und von vielen gesellschaftlichen Gruppen ein Sexkaufverbot durch die Einführung der Freierbestrafung gefordert.
Mit dem Prostituiertenschutzgesetz (ProstSchG), das 2017 erlassen wurde, sollte das Prostitutionsgeschehen in Deutschland stärker reglementiert werden.
Heute ist klar, dass das ProstSchG in den Ländern und Kommunen höchst unterschiedlich gehandhabt wird und damit einen Teil der Zielsetzungen verfehlt.
Nun hat die CDU/CSU-Bundestagsfraktion ein Diskussionspapier mit weitreichenden Verschärfungen und Konkretisierungen entwickelt, mit dem das ProstSchG nachjustiert werden soll.
Neben einem Verbot der Prostitution von Menschen, die jünger als 21 Jahre sind, mehr Kontrollen durch Polizei und andere Ordnungsbehörden etc., ist dabei auch ein Verbot von sogenannten „Verrichtungsboxen“ vorgesehen.
Das würde, so befürchtet der Sozialdienst katholischer Frauen e.V. Köln, auch den Straßenstrich auf dem Gelände an der Geestemünder Straße betreffen. Das Modell eines betreuten Straßenstrichs, bei dem Gesundheitsamt, Ordnungsamt, Polizei und der SkF kooperieren, um drogengebrauchenden, suchtkranken und anderweitig hoch belasteten Frauen die sichere Arbeit in der Prostitution zu ermöglichen und die Innenstadt vom Prostitutionsgeschehen zu entlasten, wurde 2001 nach einem Beschluss des Rates der Stadt Köln umgesetzt. In den letzten 20 Jahren hat dieses Modellprojekt an der Geestemünder Straße z.B. in Essen, Dortmund oder Bonn Nachfolger gefunden und wird bis heute durch die demokratischen Ratsparteien getragen.
„Das Modell des betreuten Straßenstrichs ist für die betroffenen Frauen so erfolgreich, weil die Kooperationspartner eine gute Form der Zusammenarbeit entwickelt haben und die Geestemünder Straße mit den sogenannten „Verrichtungsboxen“ in ein Gesamtkonzept eingebunden ist“, so Monika Kleine, Geschäftsführerin des SkF e.V. Köln, der in Köln neben dem Gelände an der Geestemünder Straße noch weitere Angebote der Prostituiertenhilfe unterhält. „Nur mit solchen niedrigschwelligen Angeboten, bei denen aufsuchende Arbeit, Vertrauensaufbau und eine längerfristige Begleitung ineinandergreifen, ist es möglich die Notlagen von Prostituierten zu erkennen, sie in Krisen zu entlasten und für Ausstiegshilfen zu erreichen. Mit unserem Angebot, mit den Prostituierten ihren Alltag zu teilen, ist es uns gelungen, auch während der Pandemie weiterhin in Kontakt zu bleiben, sie mit Lebensmitteln und anderen existentiell notwendigen Dingen zu versorgen und sozial auch längerfristig abzusichern“.
Schon mit dem ProstSchG sei ein großer Teil der Prostitution ins Dunkelfeld abgewandert, mit der Konsequenz, auch für Hilfen nicht mehr erreichbar zu sein, ist Kleine überzeugt. „Das war auch nicht anders zu erwarten. Prostituierte, die vor einer Anmeldung mit allen personenbezogenen Daten zurückschrecken, melden sich nun einmal nicht an, sondern arbeiten illegal weiter. An der Geestemünder Straße war es hingegen durch die intensive Zusammenarbeit mit den Prostituierten möglich, dass sich alle Prostituierten angemeldet haben. Das geht aber nur, wenn man Prostituierte auch erreicht und das gelingt in der Illegalität nun einmal nicht.“
„Wir können nachvollziehen, dass die Fraktionen der Koalitionsregierung im Deutschen Bundestag das von ihnen konzipierte Prostituiertenschutzgesetz nachjustieren und die Punkte, an denen sie Handlungsbedarf sehen, schärfen wollen. Nicht nachvollziehen können wir die nun geforderte Abschaffung der „Verrichtungsboxen“. Anders als das im Entwurf der CDU/CSU aufgeführte, sicherlich wenig geglückte Angebot in Berlin, arbeiten alle anderen Projekte wie in Essen, Dortmund oder Bonn mit einem abgestimmten Gesamtkonzept. Sicherlich auch in Anerkennung der positiven Erfahrungen und Ergebnisse wurden die Angebote wie unseres an der Geestemünder Straße im Prostituiertenschutzgesetz als Möglichkeit des Einstiegs in den Ausstieg noch wertschätzend erwähnt“, so Kleine weiter. „Wie haben ja durchaus Verständnis dafür, dass die CDU/CSU- und die SPD-Fraktion im Bundestag die gesetzlichen Regelungen soweit verschärfen, dass es fast einem Prostitutionsverbot gleichkommt, um sowohl denen gerecht zu werden, die ein Verbot fordern als auch denen, die das ablehnen, aber Corona zeigt uns doch, wie sinnlos ein Prostitutionsverbot ist.“
Der SkF e.V. Köln fordert daher, dass soziale Angebote wie das an der Geestemünder Straße, mit dem der Begriff der „Verrichtungsboxen“ in die Welt kam, ausdrücklich von der diskutierten Verschärfung der Gesetzeslage ausgenommen werden. „Sonst haben wir in absehbarer Zeit, nicht nur in Köln, sondern auch in anderen Städten den Straßenstrich wieder in der Innenstadt, vor allem aber sind dann die besonders schutzbedürftigen Frauen der Gewalt erneut ausgeliefert. Uns ist bewusst, dass wir die gesetzlichen Verschärfungen nicht aufhalten können, wir können uns aber dafür einsetzen, dass die Hilfen, die es für Prostituierte gibt und die sich als wirkungsvoll erwiesen haben, erhalten bleiben, damit wir zumindest die Chance haben, die dann illegal arbeitenden Prostituierten weiterhin zu erreichen“, so Kleine abschließend.